Die Einführung eines Bildungsurlaubes war in den 60er und 70er Jahren äußerst umstritten. Die Arbeitgeber*innen vermuteten, dass durch politische Bildung im Rahmen von Bildungsurlaub die Betriebe „zum Austragungsort konträrer Ideologien umfunktioniert werden“, so wie es die Niedersächsischen Arbeitgeberverbände in ihrer Stellungnahme zum Bildungsurlaubsgesetz 1974 formulierten. Die Gewerkschaften hingegen leiteten ihre Forderung nach Bildungsurlaub aus dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ab und begründeten sie mit der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung der Gesellschaft, die eine Bildung erfordert und über die Schulbildung hinausgeht (Görs, S. 138). In der Erklärung des DGB von 1966 zum Bildungsurlaub ist es so formuliert: „Die Bildung des einzelnen ist nicht nur seine persönliche Angelegenheit, sie liegt im gesamtgesellschaftlichen Interesse.“
Bereits ein Jahr zuvor formulierte der deutsch-britische Soziologe und Politiker Ralf Dahrendorf ein in der Verfassung zu verbriefendes Bürgerrecht auf Bildung: „Jeder Mensch hat ein Recht auf eine intensive Grundausbildung, die ihn befähigt, von seinen staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten wirksam Gebrauch zu machen“ (Dahrendorf 1965). Politische Bildung für die Demokratie war dem liberalen Dahrendorf in der Endphase der Adenauerzeit in der alten Bundesrepublik offenbar ein wichtiges Anliegen.
Die ersten Bildungsurlaubsgesetze der Länder traten 1970 in West-Berlin, 1974 in Hamburg und Hessen sowie 1975 in Bremen und Niedersachsen in Kraft.
Bei der Auswahl des Bildungsangebots sind die Arbeitnehmer*innen frei. Es ging und geht nicht um „Employability“ , also die Verwertbarkeit für des Angebots für den Job, sondern um die Möglichkeit im Bereich der politischen Bildung und dem weiten Feld der beruflichen Bildung etwas entsprechend des persönlichen Interesses zu finden. In West-Berlin und Hessen wurde diese Möglichkeit auch Auszubildenden eröffnet und so wurden Seminartitel, wie „Beam me up Scotty“ gewählt, um Aufmerksamkeit für das Seminar zu schaffen.
Geregelt ist der Bildungsurlaub in entsprechenden Gesetzen der Bundesländer. Häufig wird inzwischen der zutreffendere Begriff „Bildungsfreistellung“ verwendet. Inzwischen haben fast alle Bundesländer ein gesetzliches Freistellungsrecht geschaffen, mit Ausnahme Bayerns und Sachsens.