Afghanistan – kein Licht am Ende des Tunnels?
Das Bildungsurlaubsseminar “Afghanistan – ein sicheres Herkunftsland” ging der Frage nach, ob es in Afghanistan sogenannte “sichere Schutzzonen” gibt. Nach vielen Gesprächen mit Experten und einer afghanischen Geflüchteten, war die einhellige Antwort darauf: Nein, es gibt keine sicheren Schutzzonen.
Insbesondere im Gespräch mit Mirco Günther, dem Direktor des Landesbüros der Friedrich-Ebert-Stiftung mit Sitz in Kabul ist deutlich geworden, dass sich die Sicherheitslage in Afghanistan, auch in den Regionen, die als vermeintlich stabil gelten, in der jüngeren Vergangenheit deutlich verschlechtert hat. Herr Günther beschrieb sehr anschaulich die unsichere Lage in der Hauptstadt Kabul. Wenn am Morgen Schüler das Haus verlassen, um zur Schule zu gehen, ist nicht sicher, dass sie am Abend auch wieder zurückkehren.
Etwa 20 Terrororganisationen operieren in Afghanistan, die bekanntesten darunter sind die Taliban und der Islamische Staat. Dazu kommen lokale Stammesfürsten, die ebenfalls nach Herrschaft in ihrem jeweiligen Gebiet streben. Und auch von den Sicherheitskräften der afghanischen Zentralregierung gehen Menschenrechtsverletzungen aus, wie kürzlich veröffentlichte Berichte (z.B. von Amnesty International) schildern. Die Lage ist also ausgesprochen unübersichtlich, volatil und gefährlich.
Bestätigt wurde diese Einschätzung auch von Sabrina M., eine junge Geflüchtete aus dem Norden Afghanistans. Sie beschrieb sehr eindrücklich, wie sich ihr Leben als Frau in einem kleinen Dorf darstellte: Mit 13 Jahren sollte sie verheiratet werden, aber sie kämpfte gegen alle Widerstände um weiterhin die Schule besuchen zu dürfen. Schließlich bekam sie ein Stipendium für ein Studium in Indien, einem nicht-muslimischen Land. Dass eine Frau allein zum Studium nach Indien geht, galt in den Augen der Männer ihres Dorfes als Verrat und war ein absoluter Tabubruch. Dies brachte ihre gesamte Familie in Gefahr, weshalb sie sich schließlich zur Flucht entschied. Sabrinas Geschichte ist nur ein Beispiel für die alltägliche Unterdrückung von Fauen und Mädchen in Afghanistan.
Was kann und muss also getan werden, damit sich die Lage in Afghanistan verbessert? Diese Frage wurde im Seminar sehr kontrovers diskutiert. Letztendlich gab es zwei verschiedene Ansätze: die Einen votierten für ein völliges Zurückziehen ausländischen Engagements (insbesondere des militärischen Engagements). Andere wiederum plädierten für eine verstärkte ausländische militärische Präsenz, um die Lage zu stabilisieren. Letzendlich gab es Einigkeit darüber, dass es für die vielfältigen Konfliktlinien und wegen der sehr gegensätzlichen Interessen der verschiedenen innerstaatlichen und internationalen Akteure auf absehbare Zeit kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar ist.