Escape Rooms als spielerisches Element in einem Kontext, der wenig spielerische Facetten aufweist, so wie der Bildungsbereich, können als Gamification verstanden werden. Gamification definiert sich als eine „Übertragung spieltypischer Elemente in spielfremde Kontexte“ (Watkins et al. o.J.: 2). Sie zielt darauf ab, den menschlichen Spieltrieb auch in Lebensbereichen nutzbar zu machen, die an sich nicht verspielt oder unterhaltsam sind (Watkins et al. o.J.: 2).
Ursprünglich wurde Gamification vor allem im kommerziellen Bereich eingesetzt, um Kund*innenbindung zu erzielen und Mitarbeitende zu motivieren. Beispiele für Gamification im kommerziellen Bereich begegnen uns im Alltag ständig: die Klebebilder, die man an der Kasse des
Discounters pro zehn Euro Warenwert zugesteckt bekommt, Sammelpunkte und Gewinnspiele auf Müsliverpackungen oder komplexe Payback- oder Rabattsysteme – all das sind spielerische Extras, deren Zweck es ist, Kund*innen an die Marke zu binden und den Einkauf mit einem positiven Erlebnis zu besetzen. In den letzten Jahren erfährt die Gamification auch im Bildungskontext größere Beachtung. Lernprozesse sind oft mit negativen Erfahrungen verknüpft, die wenig mit dem Lernen selbst, sondern vielmehr mit den Umständen des Lernens in Zusammenhang stehen: langweiliger Frontalunterricht in der Schule oder an der Universität, strenge Lehrkräfte, viel Theorie und wenig Praxis, Über- oder Unterforderung. Im Jugend- oder Erwachsenenalter stehen daher viele Menschen Bildungsmaßnahmen eher verhalten gegenüber oder erkennen sie als notwendiges Übel an. Da außerschulische Jugendbildung und Erwachsenenbildung oftmals auf dem Prinzip der Freiwilligkeit basieren, ist es wichtig, nicht nur Inhalte zu vermitteln, sondern durch angepasste Methoden auch Spaß und Freude am Lernen selbst (wieder) zu erwecken. Lernprozesse durch kreativ-spielerische Impulse wieder positiv umzudeuten, ist daher auch in der außerschulischen Jugendbildung und Erwachsenenbildung als hilfreich erkannt worden. Der Einsatz von Gamification ist heute ein wichtiger Bestandteil der Bildungsarbeit vieler Träger. Gamification darf dabei allerdings nicht bloß als Angebot einfacher Lernspiele (miss)verstanden werden. Vielmehr zielt der Einsatz von Gamification darauf ab, intrinsische und extrinsische Motivation durch Spielen gezielt zu verbinden und so das Interesse an einem Thema zu wecken und eine weitergehende Beschäftigung damit anzustoßen. Ausschlaggebend für das Gelingen von Gamification ist eine den Fähigkeiten der Zielgruppe angepasste Aufgabe, die weder über- noch unterfordert. Gelingt dies, kann der sogenannte Flow erreicht werden, „a state of concentration, low self-awareness and enjoyment“ (Web 2.0 und Politische Bildung 2016). Der Flow wird als angenehme Erfahrung empfunden. Die während des Spiels aufgenommenen Lerninhalte werden von den Teilnehmenden dadurch mit positiven Gefühlen verknüpft und das Lernen nicht als mühsam wahrgenommen. Genau auf diesen Effekt zielen auch Escape Rooms in der politischen Bildung ab (Web 2.0 und Politische Bildung 2016).
Trotzdem sollten Gamification und damit auch Escape Rooms in der Bildungsarbeit nie Selbstzweck, sondern im Gegensatz eng mit den Lern- und Erfahrungszielen verknüpft und auf die Zielgruppe und ihre Charakteristika sowie örtliche und zeitliche Rahmenbedingungen angepasst sein. Spaß und Freude am Spiel sind zwar wichtige Grundpfeiler der Gamification, nicht jedoch einziges Ziel. Gamification sollte immer darauf abzielen, die Motivation der Beteiligten zu fördern und sie ermutigen, sich eigenständig auf Lernprozesse einzulassen.